All Eyes on Rosen Gogh

(Triggerwarnung: Schwangerschaftsabbruch) Die 26-jährige Rosen Gogh lebt und arbeitet in Torquay, einer hübschen Stadt an der Südküste von England. Eine Hafenstadt, die einerseits für ihr gesundes Klima berüchtigt ist und als Erholungsort gepriesen wird. Andererseits gilt sie aber auch als Ballungszentrum für Exceptioners in Magic Britain. Gogh selbst ist Exceptioner der zweiten Generation und hält sich normalerweise mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bis sie am 30.10.1988 wegen Scheckbetrugs festgenommen wird. Eine unspektakuläre Festnahme, wie sie immer öfter vorkommt, bestätigt uns die Pressesprecherin der Criminal Assessment Force (CAF). Warum ist dieser Fall also so bedeutsam?

Es ist nicht Goghs erste Festnahme, nicht ihr erstes Vergehen. Als Wiederholungstäterin bewegt sie sich aber bisher immer im Rahmen der leichten bis mittleren Straftaten. So auch dieses Mal. Das magische Recht sieht hierfür lediglich Geldstrafen vor, um Menschen bei kleineren Vergehen die äußerst belastende Bocapinbehandlung zu ersparen. Der Einsatz von Bocapin bei Haft gilt als unumgänglich, um die Magiefähigkeit der Gefangenen zu hemmen und so die Ausbruchsgefahr drastisch zu reduzieren.

Üblich ist das seit dem Präzedenzfall “Magic Britain gegen White” Ende des 19. Jahrhunderts, als Magic Britain noch weitaus kleiner und der Lebensstandard insgesamt deutlich höher war. Die Haftpflicht für leichte bis mittlere Straftaten wird zu der Zeit abgeschafft und aus humanen Gründen in eine Geldstrafe umgewandelt. Davon profitiert auch Gogh heute. Doch sie ist nicht zahlungsfähig und muss dem magischen Gesetz nach nun eine Ersatzhaftstrafe im Bridgewater Prison antreten. So wie viele andere auch, überwiegend Exceptioners, die in einer ähnlichen Lage sind und das einzige Gefängnis aus allen Nähten platzen lassen. So weit so gut – wo ist nun die Brisanz, die uns den Atem anhalten und mich diesen Artikel schreiben lässt?

Rosen Gogh ist derzeit im 3. Monat schwanger! Für alle Unwissenden – jetzt greift der dritte Abschnitt des Magischen Strafgesetzbuchs (MStGB), der die sogenannten Rechtsfolgen der Tat enthält. Hier stehen alle Regeln zur Strafart (Geld- oder Freiheitsstrafe), zur Strafbemessung und Strafaussetzung. Paragraph 63 regelt, dass Schwangerschaften bei Haft bis zum Ende des 6. Monat abgebrochen werden müssen, weil “die massiven Folgeschäden durch die längerfristige Verabreichung des Bocapins die Überlebenschance für den Fötus minimiert”. Die langjährigen Erfahrungen zeigen, dass Bocapingaben erst ab der 30. Schwangerschaftswoche für das ungeborene Kind erträglicher sind. Das Mittel löst zwar regelmäßig Frühgeburten aus, die werden aber meist überlebt und auch die anfänglichen Entzugserscheinungen bei Neugeborenen überstanden. Es drängt sich einem hier förmlich die Frage auf: Warum kann man Haftstrafen bei bestehenden Schwangerschaften nicht aussetzen?

Das hat sich der engagierte Anwalt von Rosen Gogh auch gefragt und argumentiert: “Die Gefahr der Verdunkelung bei einem einfachen Scheckbetrug ist doch gar nicht vorhanden. Aufgrund der fehlenden Schwere ihres Vergehens habe ich für meine Mandantin einen Eilantrag beim Magic Supreme eingereicht und um die Möglichkeit eines Haftaufschubs gebeten.”

Und das Magic Supreme, der oberste kanonische Gerichtshof, hat den Antrag angenommen. Hier wird in letzter Instanz über kanonische Fragen, das Miteinander in Magic Britain, entschieden. Seine Richter*innen, die auf Lebenszeit benannt werden, bekleiden also das höchste und prestigeträchtigste juristische Amt in Magic Britain.  

Ganz Magic Britain ist nun gespannt! Die große Anhörung soll bereits am nächsten Montag stattfinden. Den Vorsitz hat in diesem Fall Lamorock George MacFadden, der als konservativ gilt und gerade in progressiven Fragestellungen schwer einzuschätzen ist. Sein Urteil ist entscheidend. Nicht nur für Rosen Gogh, auf der nun alle Augen ruhen, sondern auch für alle weiteren Fälle. Denn unsere Quellen bestätigen die Gerüchte – auch unter den Harrington Four befindet sich eine schwangere Person. Sie wird am Montag erfahren, ob noch Hoffnung besteht und wir fragen uns bereits jetzt: Darf das Harrington Baby leben?

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