Vor 33 Jahren wurde das alte Lighthouse am höchsten Punkt von Harrington Hall zerstört. Seitdem wartet der Forest sehnsüchtig darauf, dass endlich wieder neue Wächter*innen ihr magisches Licht dort oben im legendären Vow of Light anzünden. Ein festlicher Akt, der seit 1955 nicht mehr begangen wurde. Damals gehörte der heutige Schulleiter Kenneth Peacock noch selbst zu den stolzen Absolventen.
Es ist ein denkwürdiges Jahr für die Broughton Academy – und damit für ganz Magic Britain. Für den ersten Jahrgang seit Wiedereröffnung der Ausbildungsstätte für Wächter*innen stehen die Mock Exams bevor. Damit sind sie der erste Jahrgang seit 33 Jahren, der im altehrwürdigen Harrington Hall seinen Abschluss macht. Genauer gesagt sind es gleich zwei Jahrgänge. Der von 1984, als der Betrieb in Harrington Hall wieder aufgenommen wurde. Und der von 1985.
Der Grund für diesen Sonderfall beschreibt exemplarisch, wie die Ausbildungszeit dieser Jahrgänge verlaufen ist. Es waren vier turbulente Jahre. Der Terrorist Soldan Lancaster schaffte es mehrmals aufs Gelände. Der Angriff auf seine Verhandlung ist der Grund, warum sich die Ausbildungszeit so verschoben hat, denn dabei kamen mehrere Professor*innen und Anwärter*innen ums Leben. Aber auch intern kam die Academy selten zur Ruhe. Mehrfach wurden Spionagevorwürfe laut, die bis heute nicht gänzlich aus der Welt geräumt sind. Das Personal wechselte häufig – nicht immer im Guten. Der Ruf der einst renommierten Akademie litt gewaltig unter Vorwürfen der Lasterhaftigkeit, Laissez-Faire und Alkoholismus (Harry Price berichtete). Und immer wieder standen Anwärter*innen im Fokus von Ermittlungen, wie aktuell die Harrington Four. Das alles geschah unter der Leitung von Kenneth E. Peacock, der sich gerade der vermutlich intensivsten Kritik seiner Karriere stellen muss. Dabei war es ihm eine Herzensangelegenheit, die Wächter*innenausbildung zurück nach Harrington Hall zu holen. Den Ort, den die Familie Broughton, zu der Peacock gehört, traditionell verwaltet. Und wo Peacock selbst 1955 im letzten Jahrgang vor der Schließung seinen Abschluss machte.
Was war Harrington Hall und die Broughton Academy damals für ein Ort? Niemand weiß das besser als die Absolvent*innen von 1955.
Peacock kann sich über mangelnde Presseanfragen zurzeit sicher nicht beklagen. Doch für diese hat er sich Zeit genommen. “Ich freue mich unglaublich auf die Wächter*innen-Zeremonie im Sommer”, schwärmt Peacock. “Und ich empfinde es als große Ehre, ihr als Schulleiter beiwohnen zu können. Nachdem ich selbst mit der Letzte war, der sie hier in Harrington Hall erleben durfte.” Sein Blick verklärt sich, wenn er von seiner Zeit als Anwärter erzählt. Und er ist nicht der einzige, der positiv zurückblickt. Emmett Dunn, ebenfalls im Abschlussjahrgang 1955, schreibt von seinen “besten Jahren” und meint: “Die Ausbildung an diesem besonderen Ort bereitet so darauf vor, kanonischer Wächter zu sein, wie kein anderer es könnte.” Er freue sich darüber, dass die neuen Anwärter*innen diese Erfahrung nun wieder machen könnten.
“Ich war immer traurig, dass wir der letzte Jahrgang an der Broughton Academy waren”, meldet sich Sloan O’Malley, aktuell in Hongkong stationiert, zu Wort. “Es ist einfach ein besonderer Ort gewesen und ich bin stolz, dass mein Sohn dort heute seine Ausbildung zum kanonischen Wächter absolvieren kann.”
Selbst Robert Balfour, ehemals hochrangiger Wächter und Leiter der Abteilung MS2, reagiert auf die Presseanfrage. Es liege ihm sehr am Herzen. “Meine besten Jahre waren die der Ausbildung in Harrington Hall”, erzählt er. “Morgens bei Nebel über die Death Trap, endlose Lerneinheiten in der Bibliothek, und natürlich das eine oder andere Mal nach der Sperrstunde heimlich aus dem Pub zurückschleichen.” Er schmunzelt. “Wir hatten eine tolle Zeit, nur am Ende…” Da gerät Balfours Redefluss ins Stocken. Auch Peacock und Dunn bleiben schmallippig. Was ist passiert, dass die Schwärmerei in höchsten Tönen so abrupt aufhören lässt?
Fest steht: Der Jahrgang von 1955 wurde schwer vom Schicksal gebeutelt. Viele von ihnen haben eine eher unrühmliche Laufbahn eingeschlagen. So wie Balfour, der nach Vertuschungsvorwürfen suspendiert in seinem Manor sitzt und Verschwörungstheorien verbreitet. Oder eben Peacock, der trotz Broughton-Bonus vermutlich nicht unantastbar bleiben wird. Ein überdurchschnittlich großer Teil ist bereits verstorben. So wie Sophie Priestley, geborene Parker-Hall, und das Ehepaar Violet Tucker und Daniel Scott. Sie alle kamen beim Anschlag auf das Merseyside-Stadion ums Leben.
“Natürlich hat keiner von uns geahnt, was danach auf uns zukommt”, sagt Peacock schließlich noch. “Auch nicht, dass wir für so lange Zeit der letzte Jahrgang sein werden.” Die Ausbildungsstätte, in der zwischen 1955 und 1984 unterrichtet wurde, habe er mehrfach besucht. Ein unpersönlicher Ort sei das gewesen. Ohne Geschichte und ohne all das, was Harrington Hall so besonders macht. “Mit dem Abschluss des ersten neuen Jahrgangs übergeben wir die Fackel weiter an die nächste Generation, die Harrington Hall Leben einhauchen und eine neue Ära einläuten wird”, endet er mit für ihn typischen salbungsvollen Worten. “Es ist ein tolles Gefühl, diese Menschen jetzt ihren Abschluss machen zu sehen.”