Wieder einmal blickt ganz Magic Britain auf die alten Mauern von Harrington Hall im matschigen Forest of Bowland. Durch die nebligen Moore hallt kollektives Schweigen. Aber wie lange noch? Es liegt etwas in der Luft. Man spürt, hier keimt und brodelt etwas. Wie lange kann die Akademie ihr Schweigen in dem Fall der Harrington Four noch aufrechterhalten? Wie lange will sie die Namen der verhafteten angehenden Kanonischen Wächter*innen noch unter Verschluss halten? Irgendwann wird das Schweigen gebrochen. Und dann kommt es zur Explosion, wie bei einem Vulkan.
Denn der Druck auf die Akademie ist hoch, war wahrscheinlich nie höher. Eine erneute Verfehlung. Wenn angehende Bewahrer*innen des Magiekanons und der Weltentrennung von der Wächtereinheit MS2 persönlich aus dem Unterricht geholt und ins Bridgewater Prison gebracht werden, haben die Bürger*innen Magic Britains das Recht zu erfahren, was passiert ist! Wir berichteten bereits vor ein paar Tagen über die Verhaftungen und das laute Schweigen der Akademie, was die Namen der Beteiligten angeht. Seitdem kennt die Öffentlichkeit kein anderes Thema mehr. Alle wollen die Hintergründe wissen. Doch alle Anfragen, die seitdem eingegangen sind, wurden von der Schulleitung konsequent ignoriert. Der Insider an der Akademie, der den Vorfall überhaupt erst öffentlich gemacht hat? Verstummt.
Der Daily Observer hat sich natürlich bereits vor ein paar Tagen mit mehreren Reporter*innen auf den Weg nach Harrington gemacht, wo die Harrington Four überall Spuren hinterlassen haben. Es sind Spuren der Angst und Unsicherheit. Stellt sich nur die Frage: Wovor? Vor den vier Inhaftierten oder etwa der Schulleitung?
Unsere Reporter*innen sind bereits vertraut mit dem kleinen Weg von der Akademie runter ins Dorf nach Harrington, wo allabendlich nach Feierabend die Anwärter*innen im Pub Jack O’Lantern einkehren und zusammen mit den Einheimischen ein Harrington Brew trinken. Auch hier ist die Spannung greifbar. Habe ich bereits mit einem der Vier ein Bier getrunken? Von der sonst ausgelassenen Stimmung ist momentan nichts zu spüren.
Eine Anwärterin läuft bei der Frage, wie es sich anfühlt, die Namen der Harrington Four zu kennen, stoisch an den Reporter*innen vorbei weiter in Richtung Pub. Auch die Kolleg*innen der anderen Zeitungen werden mit keinem Blick gewürdigt. Als würden die vielen Fragen und Spekulationen damit einfach verpuffen.
Im Pub selbst spürt man alle Augen auf sich gerichtet, sobald man durch die schwere Holztür den Laden betritt. Ein vertrautes Gesicht? Nein, noch ein Fremder. An einer Säule klebt ein Aushang, wer spricht, wird belohnt. Fürstlich belohnt. Nicht wenige Anwärter*innen schielen auffällig unauffällig zu dem Angebot, bevor sie sich wieder unnahbar zeigen. So eines hänge auch in der Akademie am Schwarzen Brett, flüstert eine Anwärterin unter der Hand. Die Presse würde sich gegenseitig in der Bezahlung überbieten. Ob sie davon Gebrauch gemacht habe, wollte sie aber nicht verraten.
Ein weiterer Anwärter mit einem Harriers-Trikot presst auf die Frage, was die Vorwürfe mit dem Ansehen der Mannschaft tun würden, die Lippen zusammen, nimmt sein Brew und flüchtet zur Theke. Seine Wut ist förmlich mit den Händen greifbar. Auf dem Weg zum Tresen rempelt er einen weiteren Reporter demonstrativ an. Die Stimmung ist angespannt. Nur ein Funke könnte die Situation zur Explosion bringen.
Ein anderer Anwärter blickt nur bekümmert und schüttelt betreten den Kopf, als er angesprochen wird. Gefolgt von einem scharfen Blick und der Antwort: Die Anwärter*innen würden hier nur ihre Ruhe haben wollen. Ob man nichts Besseres zu tun habe?
Nein, denn es ist der Job der Presse, kritische Fragen zu stellen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Ruhe kann erst wieder einkehren, wenn die Vorfälle lückenlos aufgearbeitet wurden. Wenn die Namen bekannt und die Gefahr für die Öffentlichkeit eingeschätzt werden kann. Erst dann kann wirkliche Ruhe einkehren. Das sollte auch die Schulleitung wissen. Denn wer nichts sagt, erzählt dabei doch eine ganze Menge.