Harrington District 1 – by Harry Price
Zensur der Wahrheit
Vor wenigen Tagen geschah das Unfassbare, das allerdings erst jetzt ans Licht der Öffentlichkeit kommt: Vier zukünftige Wächter*innen wurden an der Broughton Academy festgenommen! Und das direkt aus dem Unterricht heraus. Angeblich musste eine Person sogar überwältigt und betäubt werden, bevor es direkt ins Bridgewater Prison ging. Gerüchte sagen, die Anzeige kommt ebenfalls aus der Mitte der Akademie. Bestätigt wurde das bisher noch nicht – die Schulleitung schweigt zu den Geschehnissen. Doch eins ist klar: Wer schweigt, will sich unangenehmen Fragen entziehen. Doch nicht nur das. Eine Quelle hat uns das Skript für die Rede von Schulleiter Kenneth Peacock zugespielt, in der eindeutig hervorgeht, dass er nicht nur den Anwärter*innen, sondern auch der gesamten Belegschaft einen Maulkorb verpasst. Ist das eine Form der Zensur der Wahrheit? Überzeugen Sie sich selbst:
Werte Anwärter*innen, werte Belegschaft,
niemals hätte ich erwartet – niemals, dass ich mich einmal aus einem derartigen Anlass an Sie wenden muss. Bevor ich jedoch gleich auf das Ungeheuerliche eingehen werde, was hier jüngst passiert ist, möchte ich Sie kurz daran erinnern, weswegen Sie alle an diese ehrwürdige Akademie gekommen sind. Sie wurden von vielen ausgewählt, um den hoch angesehenen Beruf des Wächters zu erlernen. Ein Beruf, der eine Berufung ist. Mit dem Wächtertum verkörpert jede und jeder Einzelne von Ihnen Werte wie Aufrichtigkeit, Integrität, Corpsgeist, Vertrauen ineinander, in unsere Gesetze und Institutionen, genauso wie Mut und Resilienz. Jedenfalls sollten Sie es. Wir bieten Ihnen hier einen Raum, um zu lernen und zu wachsen. Von der Schulleitung bis zur Köchin, vom Wissenschaftler bis zum Greenkeeper geben wir jeden Tag unser Bestes, um Sie in diesem Prozess zu unterstützen. Doch wie es scheint, haben wir versagt.
Zum wiederholten Male ist diese Schule negativ in die Schlagzeilen geraten. Jedes Mal, wenn das passiert, ist das für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Es ist mehr als enttäuschend zu sehen, dass einige von Ihnen nicht nur nicht begreifen, was für eine Ehre und einmalige Chance diese Ausbildung für Sie ist, nein, Sie beschmutzen auch noch das Nest und treten unsere Werte mit Füßen. Sie müssen sich vorstellen, dass ein Krug, der zu Bruch geht, zwar geklebt werden kann, die Risse aber bleiben. Das Instandsetzen wird von Bruch zu Bruch schwieriger, bis es unmöglich wird. Bis es für mich unmöglich wird, den Ruf der Broughton Academy noch länger zu schützen.
Das, was gerade passiert ist, hat Konsequenzen. Nicht nur für diejenigen, die direkt betroffen sind, sondern für uns alle. Für jeden Einzelnen von uns an dieser Akademie. Dem Rugbyteam beispielsweise, das sich in der ersten Saison so grandios geschlagen und uns alle mit Stolz erfüllt hat, dem sage ich eine schwierige Zukunft voraus. Es hat sich selbst diese großartige Saison mit einem unfassbaren Skandal überschattet. Und das wiederum wird Auswirkungen auf die Finanzierung haben, denn wer steckt schon gerne Geld in ein derartiges Team?! Das Traurige daran ist, dass wir vor nicht einmal einem Jahr einen Lichterfest-Skandal hatten, der uns langjährige Mitglieder des Boards gekostet hat! Wir haben uns gerade erst langsam davon erholt, hatten das Glück, mit dem Earl of Rubin, Mister Kaldewey und Tristania Lancaster neue Unterstützer*innen zu finden, da überrollt uns diese neue Katastrophe. Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Folgen das noch haben wird. Beweisen wir doch seit der Wiedereröffnung vor vier Jahren, dass es immer wieder zu Wächter-unwürdigen Zwischenfällen kommt.
Und die Medien wissen das. Die Presse hat uns nachvollziehbarer Weise im Visier. Machen Sie sich das bewusst. Denken Sie daran, wenn Sie zu Ihrem Vergnügen in den Pub gehen, denn dort werden die Journalisten wie die Geier auf alles warten, was wir ihnen jetzt anbieten. Ich erwarte, dass Sie sich genau überlegen, was Sie sagen werden. Sie vertreten diese Institution und sind ihr auch verpflichtet. Wie Sie wissen, sind die Namen der vier Anwärter*innen, die festgenommen wurden, noch nicht an die Medien gegeben worden. Natürlich ist die Presse äußerst interessiert daran, Namen und weitere Informationen zu bekommen. Ich erinnere daran, dass es nicht nur Ihre Pflicht ist, sie nicht herauszugeben, sondern auch eine Frage der Loyalität und Integrität gegenüber sich, Ihren Mit-Anwärter*innen, uns, der gesamten Akademie und dem, was sie eigentlich verkörpert. Wir werden nicht auch noch Persönlichkeitsrechte verletzen.
Ich muss sagen, ich hatte die Hoffnung, dass wir durch die vielen Razzien, die wir dieses Jahr auf Veranlassung der Schulleitung durchgeführt haben, Ihnen ein eindeutiges Warnsignal gesendet haben. Jetzt gab es nach der Festnahme auch eine durch das MS2 – also extern durch das Ministerium. Es ist eine Schande! Eine Schande, dass Wächter*innen hier angehende Wächter*innen festnehmen und ihre Schränke durchsuchen müssen! Eine Razzia unserer Akademie auf Veranlassung des Ministeriums – das ist blamabel! Ich hoffe, dass dies der absolute Tiefpunkt ist und wir das Kapitel der Durchsuchungen und Festnahmen nun schließen können. Enttäuschen Sie mich nicht. Enttäuschen Sie die magische Gesellschaft nicht. Kein weiteres Mal.
Die Festnahmen fanden unter der Einsatzleitung von Cooper Saunders statt, der mit einem Aufgebot an kanonischen Wächter*innen unangekündigt in der Akademie aufgeschlagen ist. Allein die Tatsache, dass das MS2 hier zum Einsatz kam und keine Einheit der Criminal Assessment Force verrät uns, dass es in der Anzeige um mehr als nur Angelegenheiten klassischer Strafverfolgung geht. Das MS2 ist eine Wächtereinheit, die zum Aufklärungsdienst (UK) gehört. Das bedeutet, es geht hier eindeutig um kanonisches Recht und nicht profanes Strafrecht. Mehrfach hat die MS2 in den letzten Jahren bereits an der Akademie ermittelt, sagen Insider, zuletzt zu den Zwischenfällen rund um Soldan Lancaster, der wiederholt in das stark gesicherte Gelände eindringen konnte. Immer wieder wurden Komplizen Lancasters in Harrington Hall vermutet, überführt wurde aber nie jemand.
Natürlich stellt sich heute und hier umgehend die Frage: Ist Lancaster wieder involviert? Handelt es sich endlich um seine geheimen Gehilfen? Es wurde immer wieder darüber spekuliert, zuletzt in meiner bemerkenswerten Reportage “Harry did it Again.”
Es ist übrigens noch nicht bekannt, um welche vier Anwärter*innen es sich genau handelt. Geheime Quellen wollen wissen, dass mindestens zwei Personen im Kreis der Festgenommenen sind, die auch in den Jahren der Lancaster-Zwischenfälle schon an der Akademie waren, folglich Anwärter*innen der Abschlussjahrgänge sind.
Für die vier ging es nun direkt von der Schulbank in die Untersuchungshaft. Und wenn die schweren Zellentüren des Bridgewaters erst einmal hinter einem zufallen, dann bleiben sie das meist für lange Zeit. Die im kanonischen Recht verhängten Kautionen liegen weit über den finanziellen Möglichkeiten von 80% der magischen Gesellschaft. Verhandlungstermine sind außerdem rar und lassen im Durchschnitt 6-8 Monate auf sich warten. Eine lange Zeit in Untersuchungshaft also.
Hier erinnere ich Sie gerne an meine ebenfalls bemerkenswerte – etwas ältere Reportage “Who’s gonna judge us now?”, in der ich über die langjährigen personellen Missplanungen im Rechtswesen berichtet habe.
Besonders brisant übrigens, unter den festgenommenen Personen soll auch eine schwangere Frau sein. Bestätigt sich dieses Gerücht, könnte sich alsbald eine alte Bekannte der Bridgewater-Debatten neu entzünden: Der Abtreibungszwang im Strafvollzug bis zur 28. Schwangerschaftswoche. Die Freedom Front hatte sich im Thema Bridgewater zuletzt schon in Stellung gebracht, um die Themen Abtreibung und 1st-World-DNA-Tests zurück in in den politischen Diskurs zu bringen. Auch hierzu sitze ich schon mit Hochdruck an einer brandheißen Insiderstory.
2 Kommentare zu “Something Is Rotten in Harrington Hall”