Um Monate vorverlegt – mit der Entscheidung der Gerichte im Fall der Harrington Four hat kein Beobachter gerechnet. Wie kommt das an bei den Menschen, die seit Tagen so viel Anteil nehmen an der tragischen Geschichte des Harrington Babies? Der Daily Observer hat nachgefragt.
Das denken die Menschen auf der Straße
“Fassungslos macht mich das”, sagt Jasminder Khan, gerade unterwegs zu einem Termin. Die Fassungslosigkeit kann man ihr ansehen. “Das arme Baby! Was soll das denn? Das ist absolut unmenschlich. Egal, was die Vier gemacht haben, sie sind ja nun gefasst – sie zu verurteilen kann doch nicht wichtiger als ein Menschenleben sein!”
So wie Jasminder sehen das die meisten der Menschen, die wir befragt haben. Magic Britain befindet sich kollektiv im Schockzustand.
“Das ist so schlimm – das arme Baby! Es kann doch nichts dafür! Wie kann man so herzlos sein?”, fragt Benjamin O’Shaughnessy, der gerade seinen Hund spazieren führt. Seine Augen glitzern verdächtig. Das Schicksal des Harrington Babies, es geht den Menschen nahe. Nachvollziehen kann das Vorgehen der Gerichte kaum jemand. Willkür und Machtmissbrauch, das sind Begriffe, die in unserer kleinen Umfrage immer wieder fallen.
“Ich bin absolut bestürzt darüber, dass jemand in diesem Land die Macht hat, so etwas einfach so durchzuziehen”, ereifert sich Thomas Blythe auf dem Weg zum Wochenendeinkauf. “Klingt nach Willkür für mich. Sonst mahlen die Mühlen der Justiz ja deutlich langsamer.”
“Das ist doch pure Schikane”, findet auch Enid Robinson, Postzustellerin und gerade auf ihrer täglichen Runde. “Und dabei meine ich nicht mal das Dilemma mit dem Bocapin und der Abtreibung. Jetzt, wo die vier auf Kaution draußen waren, hätte man sich doch einfach diese Entscheidung sparen können. Bis Juni wäre die Nummer ja vielleicht schon durch und alle fein raus gewesen. Warum da jetzt was forcieren? Überhaupt nicht logisch für mich.” Die Gruppe Umstehender, die sich mittlerweile gebildet hat, nickt zustimmend. Gregory Blythe, Ladeninhaber, fasst in Worte, was sie alle denken: “Die Verantwortlichen haben ein Baby auf dem Gewissen!”
Die Angeklagten und deren Familien waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Allerdings stellte sich Kenneth E. Peacock, Schulleiter der Broughton Academy, für ein kurzes Interview zur Verfügung.
“Ich bin geschockt”, gibt er zu. “Diese Nachricht hat nicht nur die Angeklagten, sondern auch die Akademie völlig überraschend erreicht.” Vom Eilantrag habe man im Kollegium nichts gewusst und sei auch nicht vorgewarnt worden. Fragen dazu, wie es den Beschuldigten geht – oder wer denn nun die Mutter des Harrington Babies sei – winkt er mit einem müden Kopfschütteln ab. Er repräsentiere ausschließlich die Akademie. Und die geht nun einmal mehr durch turbulente Zeiten. Welchen Tribut das fordert, kann man Peacock am Gesicht ablesen. Er wirkt übernächtigt, hat dunkle Ringe unter seinen Augen. Peacock, obwohl als liberal bekannt, betont noch einmal, dass die Akademie und die Wächterausbildung als solche nicht politisch sei. Dennoch kritisiert er das Vorgehen im Fall der Harrington Four als nicht zielführend. “Und da denke ich natürlich an die schwangere Person – nein, ich kann und werde nicht sagen, um wen es sich handelt, wir dürfen das rechtlich auch gar nicht fragen. Sondern auch an unsere Institution.” Er schwenkt seinen Arm in Richtung von Harrington Hall, an dessen Grenzen wir dieses Interview führen. “Wir hatten gehofft, zumindest den Start des neuen Schuljahres ohne den medialen Trubel der letzten Wochen durchführen zu können. Die Verhandlung wird das unmöglich machen.”
Die Broughton Academy befindet sich einmal mehr in der Krise, und Kenneth E. Peacock scheint dem zunehmend ratlos gegenüberzustehen. Entkommen kann er der Situation nicht – die Position der Leitung der Broughton Academy in Harrington Hall obliegt traditionell seiner Familie, es ist ein Posten fürs Leben. Eigene Kinder hat er nicht. Sein Nachfolger, Neffe Christopher Broughton-Peacock, steht bereits in den Startlöchern und schließt gerade sein erstes Jahr an der Academy ab. Bis er seinen Onkel ablösen kann, wird es allerdings noch ein paar Jahre – und, gemessen an der bisherigen Bilanz, auch einige Skandale – dauern.