Beim umstrittenen Summer Rose Cup kam es am Wochenende zu chaotischen Szenen. Nachdem im Vorfeld die Gästeliste heiß diskutiert wurde, hatte das Aktionsbündnis “Cut the Cup! Ascot blockieren” zu einer Blockade des Rennens aufgerufen – einer Methode aus der nichtmagischen Welt, um unliebsame Veranstaltungen lahmzulegen. Nicht jeder nahm diese Ankündigung ernst – nichts weiter als die neueste Exceptioner-Mode, hieß es vielerorts. Das Ausmaß der Proteste überraschte dann aber doch.
Bereits am frühen Vormittag gelang es den Protestierenden, mehrere Anreisepunkte zu blockieren. Viele Gäste konnten gar nicht erst anreisen, einige mussten eine aufgebrachte, schimpfende Menge überwinden, um in Ascot eingelassen zu werden. Das Sicherheitspersonal der Rennbahn wirkte sichtlich überfordert und schaffte es nicht, der Lage Herr zu werden. Das Lager der Demonstrierenden vergrößerte sich im Laufe des Tages, die Methoden wurden zusehends drastischer. War es für die ersten Gäste vor allem ein Spießrutenlauf durch buhende, pfeifende Menschen, regnete es für die späteren Reisegruppen faule Eiern, mehrere Demonstrant*innen schossen Farbe aus ihren Zauberstäben. Bald gingen sie dazu über, Barrikaden zu errichten aus allem, was nicht niet- und nagelfest war: Paletten, Wegweiser, Heuballen. Eine Person kettete sich gar magisch an eines der Drehkreuze am Einlass und spuckte wild um sich. Ein Durchkommen weiterer Gäste war nicht mehr möglich.
Die Rennleitung beschloss an diesem Punkt, das Gelände komplett abzuriegeln. Keiner kam mehr auf das Gelände. Noch hoffte man aber, die Blockade mit Hilfe der Magic Coppers schnell beseitigen zu können. Die hastig angerückten Magic Coppers kämpften gegen einen Hagel aus Pflastersteinen und brennenden Barrikaden. Dementsprechend konsequent versuchten sie, gegen die Protestierenden vorzugehen. Diese zeigten sich jedoch äußerst hartnäckig und lieferten sich eine regelrechte Schlacht mit den Sicherheitskräften. Selbst der geplante Besuch der Premier fiel den Protesten zum Opfer – wie viele andere Gäste konnte sie nicht anreisen.
Die wenigen Gäste, die es auf das Gelände geschafft hatten, konnten zwar die Rennen und das Catering genießen, saßen jedoch vor Ort fest. “Wir hätten keine sichere Abreise gewährleisten können”, so Andrew Baron-Williams, Sprecher der Rennleitung. “Deshalb haben wir alle Anwesenden im Hotel vor Ort untergebracht.” Als die Gäste am nächsten Morgen das Gelände verlassen konnten, hatten längst nicht alle Protestierenden aufgegeben. Zwar kam es weder zu Stein-, noch zu Eierwürfen. Buhrufe und obszöne Beleidigungen mussten sich die Gäste auf dem Weg zu den Abreisepunkten jedoch gefallen lassen.
“Die Demonstrierenden waren äußerst gewaltbereit. Wir haben nicht mit einer derartigen Eskalation gerechnet”, berichtete Harry McMahon, Einsatzleiter vor Ort. Mehrere Coppers wurden verletzt, einige angeblich schwer. McMahon sah schließlich keine andere Möglichkeit, als um Unterstützung bei den Wächter*innen zu bitten. Mit dieser Hilfe gelang es in den späten Abendstunden, die Blockade aufzulösen. Der Einsatz der Wächter*innen ist nicht unumstritten: Zum ersten Mal seit den späten siebziger Jahren wurden Wächter*innen wieder dafür eingesetzt, eine Veranstaltung zu sichern – und agierten damit außerhalb ihres eigentlichen Aufgabengebiets.
Auch die Blockade selbst markiert einen Wendepunkt im magischen Großbritannien. Nie zuvor hat es eine derartig blutige und konfliktreiche Auseinandersetzung auf den Straßen gegeben. Selbst die Exceptioner-Aufstände Ende der sechziger Jahre stehen in keinem Vergleich zu dieser neuen Gewaltbereitschaft. Damals hatten vor allem jugendliche Exceptioner für mehr Zugang und Gleichberechtigung demonstriert. Nicht wenigen Expert*innen gilt die Awakening-Bewegung als radikale Antwort auf diese Ereignisse. Dementsprechend groß ist die Sorge, welche Gegenbewegung aus diesen noch einmal deutlich heftigeren Ereignissen entstehen könnte.
“Das Vertrauen ist erschüttert”, sagt auch Peeler McMahon. “So ein Vorgehen ist unzivilisiert. So behandeln Magier*innen sich nicht untereinander. Es gibt in unserer Welt kein Recht darauf, die öffentliche Sicherung zu stören, nur um anderen seine Meinung aufzudrücken. Das muss auch Exceptionern klar sein.” Er spielt damit auf einen grundlegenden Unterschied im magischen und nichtmagischen Recht an: Nichtmagier*innen ist es erlaubt, sich öffentlich gegen politische Entschlüsse auszusprechen und ihren Willen mit sogenannten Demonstrationen oder Streiks darzulegen – selbst wenn dabei die Öffentlichkeit lahmgelegt wird. Es ist sogar ein ausdrücklich im Gesetz verankertes Recht.
Dass dies in der magischen Welt nicht nur unüblich, sondern gar nicht vorgesehen ist, scheint die Protestierenden nicht zu stören. Das Aktionsbündnis spricht in seinem letzten Statement von einem “vollen Erfolg” und kündigte an, derartige Maßnahmen zum politischen Alltag werden zu lassen.